Entwicklung der Lese-Intensiv-Klasse

Zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22. Oktober 2019

Jana Hiltmann - Stand: Oktober 2019

 

Inhalt:

1.  Durchführung
2.  Klientel
3.  Ergebnisse der Maßnahme
4.  Eltern
5.  Auswirkungen
6.  Fazit



 

1. Durchführung

Seit dem Jahr 2004 haben Kinder aus dem gesamten Bezirk Neukölln die Möglichkeit, nach vorheriger eingehender Diagnostik durch Mitarbeiterinnen des Schulpsychologischen Beratungszentrums Neukölln/SIBUZ während dieser Intensivmaßnahme den Leselernprozess erneut zu starten. Dieser dauert anfangs 11 Wochen (4 Tage ausschließlich Lesen und Schreiben, 1 Tag Grundschule). Im Anschluss besuchen diese Kinder einmal wöchentlich den 2-stündigen LRS-Kurs für die Dauer von 2 Jahren.

 

Bis zum Jahr 2012 fand die Maßnahme in der Herman-Nohl-Schule unter Leitung von Frau Jana Hiltmann statt. Seit dem Schuljahr 2012/2013 wird die Maßnahme an der Zürich-Schule durchgeführt. Verantwortlich dafür zeichnet sich weiterhin Frau Jana Hiltmann.

 

2. Klientel

Konzipiert ist diese Maßnahme ausschließlich für Grundschulkinder, deren bisherige Lesekompetenz nicht den Anforderungen genügt. Die Diagnostik sollte einen Förderbedarf im Bereich „Geistige Entwicklung“ ausschließen. Die Zulassung zu dieser Maßnahme setzt eine schwere Lese-Rechtschreibstörung voraus als isolierte Teilleistungsschwäche. Alle Kinder verfügen zumeist über kognitive Fähigkeiten vom unterdurchschnittlichen bis zum überdurchschnittlichen/hochbegabten Bereich.

 

Trotz allem gehen insbesondere Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten oftmals einher mit erheblichen Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen, geringen Konzentrationsphasen, Aufmerksamkeitsdefiziten, Sprachentwicklungsstörungen, nicht altersgerechter motorischer Entwicklung und gipfeln vielfach in Verweigerungshaltung bezüglich jeglicher  Anstrengung im Hinblick auf das Lesen oder des Unterrichts schlechthin sowie in allgemeiner Schulfrustration.

 

In Gesprächen mit betroffenen Eltern werden viele dieser Probleme häufig benannt und belasten die Familiensituation zum Teil immens. Viele Eltern erkennen multiple Störungsbilder ihrer Kinder, für die auch sie dringend Hilfe benötigen. Etliche Kinder unterziehen sich einer Ergotherapie oder sind bereits längere Zeit in psychologischer, neurologischer oder auch psychiatrischer Behandlung. In den Grundschulen wurden alle Kinder bereits individuell gefördert (im Förderunterricht) und erhalten zum Teil eine differenzierte Beschulung.

 

 


 

 

3. Ergebnisse der Maßnahme

Die Ergebnisse nach unserer Maßnahme zeigen jedoch deutlich, dass von ca. 360 Schülerinnen und Schülern, die bisher an der Maßnahme teilgenommen haben, nur sehr wenige Kinder keinerlei Fortschritte aufzeigen konnten. (Nach intensiver Zusammenarbeit mit Eltern, Schulpsychologie, Kinderarzt, Grundschule und uns erfolgte bei einem Kind eine Einweisung zu einer stationären Therapie in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie.)

Bei den verbliebenen wenigen sowie etwa 25 weiteren Kindern wurden z.T. Feststellungsverfahren für einen weiteren Förderbedarf oder individuelle, Integrative Lerntherapien (ILT) eingeleitet.

 

Ca. ein Drittel der Teilnehmer konnte sich nach Teilnahme an der LIK über 2 Auswertungsstufen im WLLP steigern (vom „Null-Leser“ zum leicht unterdurchschnittlichen Leser, vom schwachen Leser zum durchschnittlichen Leser mit Tendenz zum überdurchschnittlichen usw.)

 

Ca. die Hälfte der Kinder kommt nach 11 Wochen zu einem durchschnittlichen Ergebnis entsprechend der Altersnorm.

 

Auch Kinder, die sich noch unter dem durchschnittlichen Bereich befinden, haben vielfach große Fortschritte gemacht. Hierbei ist zu beachten, dass es sich z.T. um Schüler der 4.Klasse handelt, die mit „Null-Leser“-Voraussetzungen kamen oder um Schüler, deren Eltern keinerlei Hilfe geben können aufgrund ihres nicht-deutschsprachigen Hintergrundes, oder um Schüler, die nicht regelmäßig an der Maßnahme teilnahmen oder deren Eltern zu gering mitarbeiteten. (siehe Teil Eltern)

 

 

Dieser Erfolg zeichnet diese Maßnahme aus: Ein täglich messbarer Lernerfolg und Lernzuwachs bei den Kindern, ein erheblicher Lernzuwachs nach 11 Wochen, damit deutliche Steigerung der Lesekompetenz und des Selbstwertgefühls. Dazu kommen bei den meisten Kindern wieder die Freude am Lernen allgemein, die Freude am Umgang mit Büchern und Lesematerialien im Besonderen.

 

Auch erste rechtschreibliche Strategien sind angebahnt und entwickelt. Dies verdeutlichen die Testergebnisse zur DBL.

Im sich an die LIK anschließenden LRS-Kurs wird daran explizit gearbeitet. Er beinhaltet zudem ein intensives, individuelles Lesetraining.

 

 

4. Eltern

Den Eltern kommt neben den Kindern ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit durch uns zugute. Ein großer Teil der Eltern ist bemüht, ihre Kinder so gut wie möglich zu unterstützen. Für Bring- und Holdienste sind die Eltern selbst verantwortlich. Um den intensiven Übungscharakter der 4-Tage-Woche an unserer Schule beizubehalten und damit eine stetige Temposteigerung beim Erlesen zu gewährleisten, müssen Eltern täglich mit ihrem Kind ca. eine Viertelstunde lesen üben. Das schließt die Wochenenden, unterrichtsfreie Tage, Ferien und auch Tage bei Krankheit ein. Die Kontinuität des Übens ist eine maßgebliche Größe hinsichtlich des Erfolges des Kindes.
Die Eltern erhalten in einem Vorgespräch der Maßnahme entsprechende Instruktionen und Handreichungen (Lautgebärden, Stundenplan und weitere Informationen).  Zudem erhalten die Eltern eine tägliche Rückmeldung, auch hinsichtlich der täglich zu absolvierenden Übungsinhalte für zuhause.
Auch während unterrichtsfreier Tage sowie bei Krankheit des Kindes erhalten Eltern Übungsmaterial und Hinweise von uns.

Je kontinuierlicher dies durch das Elternhaus unterstützt wird, desto größer ist oftmals der Erfolg der Kinder. Viele Kinder sind nach kurzer Zeit bereits in der Lage, eigenreflektiert die Notwendigkeit des kontinuierlichen Übens zu erkennen.

Zudem erhalten Eltern während und auch nach der 11wöchigen Maßnahme Beratung und Hilfe im weiteren Vorgehen hinsichtlich der bestmöglichen Entwicklung ihrer Kinder. Hierfür werden nicht nur Gesprächstermine vor Ort, sondern auch Telefontermine vereinbart. Dies sichert „kurze Wege“ bzw. kurzfristige Beratungen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich zum Teil bis in die Oberschulzeit des jeweiligen Kindes.

 

5. Auswirkungen

Die Auswirkungen der erlernten Lesestrategie bewerteten betroffene Eltern bisher ausschließlich als positiv. Sowohl durch einen Rückmeldebogen für Eltern erhalten wir dieses Feedback immer wieder, als auch durch die Lernfreude der Kinder von der ersten Woche an. Auch in den Mitteilungsheften sowie in persönlichen Gesprächen mit Eltern wird dies immer wieder deutlich gemacht.

Weiterhin konnte sich die Maßnahme mittlerweile so etablieren, dass Mitarbeiter des DBZ (Vivantes Klinikum Neukölln) betroffene Familien an uns verweisen, bevor weitere Therapien erörtert werden. Vielfach konnte die Maßnahme bisher dazu beitragen, langwierige Therapien zu vermeiden, da die betroffenen Kinder wieder Anschluss an die schulischen Anforderungen gefunden haben.

Nach ca. 4 Wochen der Maßnahme erzählen uns Kinder und Eltern, welche Leseversuche sie unternommen haben, z.B. Straßenschilder erlesen, ein Buch lesen, am Essenstisch Aufschriften erlesen usw. Vielfach beobachten wir und auch Eltern, dass den Kindern ein erheblicher Leidensdruck genommen wurde.

Zurückzuführen ist dies insbesondere auf die geringe Gruppenstärke (Kleinklasse bis max. 8 Schülerinnen/Schüler), stark strukturierten Unterricht nach dem Kieler Leseaufbau, analytischen Leselernprozess (silbenweises Erlesen unter Beachtung der Wortstruktur Laut-Silbe-Wort), Möglichkeiten der starken individuellen Zuwendung der Lehrerpersönlichkeit, differenzierte Vorgehensweise nach „Tagesform“ jedes Kindes, tägliche Rückmeldung an die Eltern in schriftlicher Form in einem Mitteilungsheft, für die Kinder in Form von Stickern, Stempeln, Smileys etc., wöchentliche, z.T tägliche Absprachen mit den Eltern zu häuslichen Übungsmöglichkeiten per Telefon oder im persönlichen Gespräch, Absprachen mit den Mitarbeitern der Schulpsychologie, Lerntherapeuten, der Schulaufsicht sowie den Kolleginnen und Kollegen an den Grundschulen.

 

6. Fazit

Häufig erhalte ich Anfragen von betroffenen Eltern, aber auch vielfach von Kolleginnen und Kollegen der Neuköllner Grundschulen (auch Berlin weit mittlerweile) zur Lese-Intensivklasse. Vorbehalten hinsichtlich der Herauslösung der Kinder für 11 Wochen begegne ich generell mit der Antwort:

           „Lesen ist die entscheidende Grundkompetenz für jeden Menschen.“

Der Leidensdruck eines betroffenen Kindes erhöht sich ohne eine spezielle Förderung zum Teil immens und gipfelt nicht selten in massiven weiteren Schwierigkeiten sowohl in der Schule als auch im häuslichen Bereich, da ohne die Lesefähigkeit auch alle anderen Unterrichtsfächer kaum noch bewältigt werden können, die Frustration stetig steigt und Ventile benötigt. Die weitere Schullaufbahn sowie eine berufliche Entwicklung stehen dann in Frage, wenn diese Grundkompetenz nicht frühzeitig erworben und intensiviert wird.

Auch wenn nach nur 11 Wochen dieser speziellen Förderung die Erwartungshaltung mancher Eltern (und auch einiger Lehrerinnen und Lehrern) etwas zu hoch ist, so ist doch nach spätestens 2 Jahren (nach erfolgter Nachbetreuung) in der Regel das „Leseproblem“ weitgehend gelöst. Die erlernten Strategien sind dann zumeist gefestigt und anwendungsbereit. Auch in der Rechtschreibung sind dann Strategien angebahnt und altersentsprechend anwendungsbereit vorhanden.

In nur 11 Wochen ist es aber nicht möglich, die zum Teil zwei, drei oder vier vergangenen Schuljahre „aufzuholen“, sodass ein Kind fließend und verstehend lesen kann. Wie ein Spitzensportler muss dann intensiv weiterhin trainiert werden, in der Schule und zuhause, dann stellen sich die Erfolge zunehmend ein und damit auch eine spürbare Lernfreude.

Diese neu entdeckte Lernfreude eines jeden Kindes ist es jedoch wert, diesen für alle Beteiligten anstrengenden Weg zu gehen.

In jedem Schuljahr gibt es 3 Durchgänge der Lese-Intensivklasse.

Meldungen hierzu sind deshalb ganzjährig und zu jedem Zeitpunkt möglich!
(siehe Verfahren zur Aufnahme)

 

Gegenüberstellung der Ergebnisse  der Würzburger Leise-Leseprobe nach Küspert/Schneider (ermöglicht die ökonomische Erfassung der Lese-/ Dekodiergeschwindigkeit) vor und nach 11-wöchiger Lese-Intensivmaßnahme

 

2007 - 2010

 

2010 - 2013

 

2013 - 2015

2015 - 2019

 

 

 Jana Hiltmann - Stand: Oktober 2019

 

 

Hort

Leitung: Andreas Sporn
Tel.: 030/60 90 29 79 62

Schulstation

Wederstraße 49, 1. Stock
Tel.: 030/62 726 8316

Mittagessen

Spenden

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.